Reisetagebuch, 5. Teil: Antsirabe, Morondava, Tana

Maeva* ist Praktikantin bei ADES und aktuell daran, in Madagaskar ihre Masterarbeit zu schreiben. Sie gibt uns Einblicke in ihre Erfahrungen.

Nach unseren leider nur wenigen Tagen in Fianarantsoa, und nachdem wir wieder alles zusammengepackt haben, um weiterzufahren, freue ich mich eigentlich nur, denn es steht wieder eine wunderschöne Strecke bevor. Auch werden Luc und ich jetzt von Sendra (DirEx Aufforstung und Programme Ecoles) bis Morondava begleitet und die folgenden langen Autofahrten machen Spass. Mit kleinen Zwischenpausen, in denen Sendra sich ein madagassischer Cervelat und winzige salzige Fischchen als Snack kauft (um 8 Uhr morgens!), Luc und ich ein Selfie mit dem schlafenden Sendra im Hintergrund machen und wir gemeinsam zu dem Funk, den ich aufgedreht habe, koordiniert hin und her wippen, verläuft die Fahrt sehr entspannt. Wir kommen spät nachmittags in einem etwas ausserhalb gelegenen Hotel in Antsirabe an, wo wir uns auch nicht mehr gross wegbewegen. Wir essen ein gemeinsames Abendessen, finden und lesen noch einen madagassischen Comic und gehen dann alle schlafen, bevor wir uns am nächsten Tag auch schon wieder auf den Weg nach Morondava machen. Diese aneinandergehängte Fahrt dauert schon lange, und hier merke ich es jetzt langsam, und doch geniesse ich es immer noch sehr, der vorbeiziehenden Landschaft zuschauen zu dürfen. Die letzte Etappe ist eine lange, gerade Strasse, auf der zunehmend immer mehr geschiet. Man bekommt den Anschein, immer gleich in die Stadt einzufahren, aber die Strasse erstreckt sich erstaunlich lange in einem Zwischendrin – mit vielen Menschen, die zu Fuss unterwegs sind, Pousse-Pousse, Ständen, von Zébus gezogenen Karren, und mehreren Hütten und Häusern zwischen grossen von Bananenbäumen umgebenen Reisfeldern. Doch weit vorne am Horizont erhebt sich, immer grösser werdend, gross und mächtig, der erste Baobab, wie ein Leuchtturm oder Wächter vor Morondava. Als wir schliesslich ankommen, halten wir noch am Meer für den Sonnenuntergang, bevor wir es beim Eindunkeln ins Hotel schaffen. Hier gibt es einen Pool, und nach einem kurzen Zimmerbeziehen hüpfen wir alle noch ins wohltuende und kühle Nass!

Das wenige, was ich in den nächsten Tagen von Morondava kennenlerne, gefällt mir sehr. Die Stadt vermittelt mir ein ähnliches Gefühl wie Toliara, nur kleiner und etwas übersichtlicher. Auch ist der Strand leicht zugänglich und lädt zu einem Getränk in einer der vielen Bars am Abend ein. Anders als in Toliara gibt es hier eine lange Strandpromenade, wo man die Leute beim Sitzen, Diskutieren, Umarmen oder Spazieren beobachten kann. Als wir ins ADES-Zentrum in Morondava kommen, erwartet uns nicht nur eine tolle Tour von Ella, sondern auch vorbereitete und sehr informative Präsentationen über die letzten Aktivitäten ihres Teams sowie ein riesiges Festmahl! Es gibt grosse Mengen an Reis, Karotten- und Gurkensalat, Poulet und im Solarofen zubereiteten Fisch! Es ist ein riesiger, fürstlich gedeckter Tisch und es ist schön, mit allen gemeinsam am Tisch sitzen zu dürfen. Denn dies ist nicht nur für mich der erste Besuch in Morondava; Sendra und Luc sind beide auch zum ersten Mal hier. Nach dem Essen besuchen wir zwei Schulprojekte, in denen Schulkinder Gärten pflanzen – und danach eine Familie, die den Solarkocher gekauft hat. Dieser sieht allerdings noch nigelnagelneu und ungenutzt aus und wurde im Haus gelagert, und ich hoffe, dass er auch noch anders in Gebrauch kommen wird. So oder so herrschte grosse Aufregung, als ADES in Begleitung zweier Vazahs (Anm.d. Red: Vazaha; madagassisch für Europäer) zu Besuch kam, und bestimmt eine ganze Schulklasse und etwa die halbe Nachbarschaft stand plötzlich um uns herum. Neben dem Besuch im ADES Zentrum fahren wir am nächsten Tag auch noch in den Zazamalala-Park: Ein Partner von uns, welcher ein relativ grosses Gebiet aufgeforstet und schützt. Es ist ein wunderschöner Park, der ausserdem Land- wie auch Wasserschildkröten beherbergt, Krokodile, ein Mücken-Hotel (wieso?!) und Lemuren. Wir hatten immenses Glück, denn obwohl die Wasserviecher ganz lustig waren in ihren Teichen, und unser Führer sie ziemlich stolz präsentierte und aufgeregt auf die wenigen Tiere zeigte, die sich kurz an der dunklen Wasseroberfläche blicken liessen, sind Lemuren für mich doch von wesentlich höherem Interesse. Und genau dann, als wir uns aufmachen, wieder loszufahren, sitzen vier Sifaka-Lemuren über uns in den Bäumen.

Und unser Glück hält an. Am späteren Nachmittag fahren wir wieder los, machen einen Zwischenstopp, um noch ein Apéro einzukaufen, und fahren dann wir zur Baobab-Allee. Es ist schon unglaublich eindrücklich. Man sieht die majestätischen Bäume schon von weitem in den Himmel ragen, und auf einmal erstreckt sich wirklich eine lange Allee, beschützt und bewacht von den madagassischen Riesen. Baobabs werden auch die Wurzeln des Himmels genannt: Man erzählt hier, dass als die Götter die majestätischen und erhabenen Baobabs auf der Erde sahen, sie neidisch und zornig wurden! Also packten sie die Bäume und steckten sie verkehrt herum mit ihrer Krone in die Erde und mit den Wurzeln in die Luft, um sie zu verspotten. Tja, das hat wohl nicht geklappt, denn die Wurzeln des Himmels bleiben bis heute unglaublich beeindruckend und haben nichts von ihrer ehrfurchtgebietenden Form verloren. Man nennt die Baobabs auch die Könige des Waldes, und der Baum sei heilig, da sie die Schöpferin von allem Leben ist – Zanahary. Wir spazieren also an der Allee entlang, zusammen mit vielen anderen Touristen, ahmen die Formen der Äste nach, schiessen einige wahnsinnig gelungene Fotos rund um den bis zu sieben Meter dicken Baumstamm und geniessen den Sonnenuntergang zwischen den königlichen Bäumen. Wir gehen erst, als es wirklich bereits dunkel ist. Und genau als wir zwischen den Baobabs stehen und uns langsam wieder zurück zu unserem Fahrer bewegen, zucken Blitze über den Himmel. Es ist ein atemberaubendes Schauspiel und wir bleiben noch etwas länger stehen und schauen den sekundenlang erleuchteten Wolken am fernen Himmel zwischen den Baobabs zu, bis wir es schliesslich doch zurück zum Auto schaffen. In Maroantsetra verabschieden wir uns von unserem Fahrer Vona und meinen geliebten Autofahrten. Während Sendra mit dem Fahrer wieder zurück nach Antsirabe und anschliessend nach Fianarantsoa fährt, fliegen Luc und ich zurück nach Tana. Fast drei Wochen sind bereits um, es ist unglaublich viel geschehen, und doch verging die Zeit wie im Flug. Es sind jetzt Lucs letzte zwei Tage in Tana, und wir füllen sie mit einem Tag im Büro, einem Besuch auf dem Markt, entdecken noch einige neue tolle Gerichte auf der Menükarte unseres Hotels und stopfen ganze 50 ADES-T-Shirts in den kleinen Handgepäckkoffer! Als Luc mir das letzte Mal zuwinkt, bevor sein Auto Richtung Flughafen um die Ecke biegt, ist es erstmal ein merkwürdiges Gefühl, denn jetzt bin ich eher auf mich allein gestellt. Gleichzeitig bin ich enorm froh, dass ich noch nicht in dem Auto für meine Rückreise sitze und mein Abenteuer noch weitergeht. Ich bin noch weit davon entfernt, wieder gehen zu wollen, und in zwei Tagen geht es auch schon wieder weiter!

* Name geändert

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