Reisetagebuch, 7. Teil: Antalaha und Sambava

Maeva* ist Praktikantin bei ADES und aktuell daran, in Madagaskar ihre Masterarbeit zu schreiben. Sie gibt uns Einblicke in ihre Erfahrungen.

Als wir in Antalaha ankommen, regnet es… Zum Glück kommt zwischendurch noch die Sonne hervor, doch ich kann kaum glauben, dass es schon wieder regnet! Ich hatte mich ehrlich gesagt nach dem immer-feuchten Regenwald gefreut, endlich in der Sonne trocknen zu können, doch daraus wurde nichts. Ansonsten entdecke ich langsam das Städtchen Antalaha. Es ist eher klein, mit wenig bebauten Strassen, dafür einem grossen Markt und einem wilden, graublauen Meer, wo sich die Wellen schäumend am Ufer brechen. Allerdings sind keine Menschen im Wasser, und auch ich gehe während meiner kurzen Zeit hier ausnahmsweise nicht im Meer baden.

An meinem zweiten Tag hier treffe ich Elia. Sie ist die «Chef de Zone» hier, und gemeinsam haben wir Besuche bei Wiederverkaufenden, Nutzenden des ADES Kochern und mehreren Partnerorganisationen geplant, während wir von Antalaha nach Sambava, Ambilobe und schlussendlich Diego reisen. Meine ersten Besuche bei Wiederverkaufenden und Kocher-Nutzenden beginnen hier, und es ist wirklich sehr spannend und schön, all die Menschen kennenzulernen, die mit ADES arbeiten oder durch ADES erreicht werden. Es ist auch immer lustig zu sehen, welches Geschäft die Wiederverkaufenden betreiben, während sie dazu ADES Kocher verkaufen: Ein Holzstand mit Kleidern, ein Kopier- und Druck-Shop, ein Telma- und Orange-Stand (Daten), ein kleiner Laden mit geflochtenen Hüten, Körben und Taschen, Tüchern, Souvenirs und einem angeschlossenen Coiffeur- und Schönheitssalon, oder sogar ein kleiner Unterstand mit allen möglichen ätherischen Ölen, Tinkturen und organischen Crèmes.

Was hier im Norden auffällt, auch als wir weiterfahren nach Sambava, sind die vielen Männer, die „Kati“ kauen. Der Kath-Strauch, ursprünglich aus dem Jemen hier gelandet, soll wie ein Aphrodisiakum wirken und die Männer potenter machen. Ob es sonst noch eine Wirkung hat, weiss ich nicht. Ich finde es nur eher komisch, wie praktisch an jeder Ecke Männer (und wirklich ausschliesslich Männer) stehen oder die Bajajs fahren und dabei mit einer grossen Backe wie wiederkäuende Kühe die Blätter in sich stopfen. Aber es scheint ein blühendes Geschäft zu sein, denn mir begegnen immer mehr Stände mit der Pflanze oder Frauen, die das Kati eingewickelt auf dem Kopf transportieren.

Sambava ist so etwas wie die grosse Schwester von Antalaha. Nur eine Stunde entfernt, ähneln sich die beiden Städte, doch Sambava, auch bekannt als die Hauptstadt der Vanille (ich habe eigentlich mit meinem Treck die berühmte Vanille-Route gemacht), ist moderner, hat klar befestigte Strassen und eine grössere Strandpromenade. Es hat mehr und grössere Geschäfte, und hier haben auch einige unserer Partner, die wir hier besuchen, ihren Sitz.

Neben den Besuchen in den Büros der Partner machen wir einen Ausflug in die „Brousse“, wo ADES in einem kleinen Dorf namens Morafeno mitten im Busch/Wald ein gemeinsames Projekt mit Givaudan hat. Als wir mit den Taxi-Moto ankommen, empfängt uns einerseits Monsieur Délphin, der lokale Kocher-Wiederverkäufer und Teil des Projekts, und andererseits der Chef des Fokontany (Dorf). Erst werden wir für eine Vorstellungsrunde ins Haus eingeladen, bevor wir draussen alle Vanillebauern, die am Projekt beteiligt sind, kennenlernen. All diese Bauern bekamen von Givaudan zusätzlich einen ADES Kocher für ihre Haushalte. Anschliessend werden wir durch das ganze Dorf geführt und dürfen einige der Küchen und Hütten besuchen, werden mittags an einer riesigen Tafel zusammen mit unseren Taxi-Moto-Fahrern zum Essen eingeladen, und anschliessend war ich noch mit den Frauen im Fluss baden. Elia hat mir danach die Haare geflochten, und wir plauderten noch etwas länger mit der Familie, die uns so herzlich empfangen hat. Alle waren wahnsinnig lieb. Es war toll, die noch ziemlich neuen Kocher in Aktion zu erleben, und durch das süsse Dorf zu laufen. Ich hatte anfangs angenommen, dass für die Menschen, die so nah am Wald wohnen, ein energieeffizienter Kocher von weniger Interesse sein würde, da sie ja immer direkten Zugang zu Feuerholz um sie herum haben und jederzeit einfach ein Feuer machen könnten. Damit lag ich aber falsch, denn bereits jetzt hat es hier eine hohe Nachfrage nach den Kochern gegeben: Er spart Holz genauso wie Kohle, und damit spart man nicht nur Haushaltsausgaben, denn da es hier so oft regnet, ist das Holz immer nass. Das heisst, man muss viel Zeit aufwenden, um Holz stets trockenes Holz vorrätig zu haben. Vor allem halten die lokalen Kocher hier manchmal gerade mal knapp ein paar Monate, bevor man sich bereits dringend einen neuen anschaffen muss, während der ADES Kocher bis zu acht Jahre brauchbar bleiben. Es ist also ein sehr warmer, wunderschöner und enorm spannender Besuch im Dorf Morafeno.

Ein anderes Projekt, das wir besuchen und mir sehr gut gefällt, heisst New Generation School Garden. Gegründet von Evrard, einem früheren Mitarbeiter und Partner der Duke Lemur Conservation, welche ebenfalls eine Partnerorganisation von ADES ist. Dafür sind wir ebenfalls etwa eine halbe Stunde mit dem Auto ins Landesinnere gefahren. Evrard hat sich mit diesem eigenen Projekt seinen Traum realisiert. Gemeinsam mit dem Crowdfunding zweier deutscher Studentinnen, die er bei einem virtuellen Austauschprogramm der Universitäten kennenlernte, hat er ein grosses Stück Land gekauft, um darauf eine Schule zu gründen, die Theorie mit Praxis verbindet und die zum Ziel hat, den madagassischen Kindern den Wert der Natur wieder näherzubringen. Es ist ein sehr inspirierender und wunderschöner Ort. Ich bin überzeugt, dass nach einem Schulbesuch dort Kinder eine ganz andere Verbindung zu Natur, Biodiversität und Nachhaltigkeit erlernen können. In der Regel macht eine Gruppe von Schulkindern aus einer Schule insgesamt drei Besuche dort, und das streckt sich über einige Monate. Die Kinder verbringen jeweils den Tag dort, ausser beim dritten Besuch, wo sie sogar noch eine Nacht dort in den spitzen Palm-Bungalows verbringen können. Neben der Theorie verbringen sie viel Zeit draussen, lernen Pflanzen kennen, erfahren, was man alles damit herstellen kann, was man überhaupt alles anpflanzen kann, welche Tiere dabei erscheinen, was es für Tiere gibt, wie man sorgfältig aber einfach den Boden wieder fertiler machen kann, und vieles mehr. Häufig sind auch die Eltern dazu eingeladen und können dabei sehr viel Wissen mitnehmen. Ich lernte selbst auf der kurzen Führung sehr, sehr viel, und das Ganze hat etwas von einer Permakultur. Evrard stellt neben Agroökologie auch Piscikultur (Fischzucht) und Apikultur (Imkerei) vor. Er stellt selber Mehl aus Brotfrucht her, backt Kuchen, macht eigenen würzigen Tee, etc. Dabei nutzt er ADES Energiespar- und Solarkocher. Er war früher selbst Wiederverkäufer von ADES, kennt den Kocher gut und stellt ihn auch regelmässig den Besuchern vor. Mittlerweile hat die Schule auch einigen Anlauf von Touristen bekommen, die dort übernachten können. Es ist ein enorm vielversprechendes Projekt, welches Eindruck hinterlässt, und ich denke, es könnte so einiges bewirken, wenn man es ebenfalls in anderen Regionen von Madagaskar realisieren könnte.

Was ich auf meiner Reise nebenbei immer mehr für mich entdeckt habe, ist der Rum (But why is the Rum gone? – Captain J.S.). Anscheinend ist es hier üblich, statt Wein (der lokale ist hier auch ungeniessbar) Rum zu trinken. Aber was mich darauf brachte, ist, dass einem oft anschliessend ans Essen ein Rum arrangé angeboten wird. Ich habe mich mittlerweile durch so einige Geschmäcker durchprobiert und kann den Vanille-, Coco-, Banane- oder Litchi-Rum empfehlen. Ausserdem gefällt mir irgendwie, nach einem Essen zum Abschluss ein kleines Gläschen der warmen Flüssigkeit zu geniessen und den Abend noch etwas verweilen zu lassen.

So, das war’s für heute. Dafür kommt jetzt mein bisher spannendstes und herausforderndstes Transportmittel: das Taxi-Brousse!

* Name geändert

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