Klimaneutralität für Unternehmen: Ausweg oder Ausrede?

In Zeiten des Klimawandels steht die Welt vor der Herausforderung, den CO2-Ausstoss drastisch zu reduzieren. Doch wie realistisch ist es für Unternehmen, klimaneutral zu werden? Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung von CO2 als Abfallprodukt, zieht Parallelen zur erfolgreichen Einführung von Abfallgebühren und zeigt anhand des Beispiels einer Pizzeria auf, welche Massnahmen Unternehmen ergreifen können, um ihren CO2-Fussabdruck zu minimieren. Die zentrale Frage bleibt: Ist Klimaneutralität ein erreichbares Ziel oder doch nur eine Ausrede?

Verursachungsprinzip und CO2-Reduktion

Mit der Einführung von Abfallgebühren hat die Schweizer Gesellschaft in den 1970er Jahren entschieden, dass die Kosten der Abfallentsorgung von den Verursachenden getragen werden müssen. Dies führte zu einer signifikanten Reduktion der Abfallmengen um 30 Prozent. Ähnlich sollte das Verursacherprinzip beim CO2-Ausstoss angewendet werden.

Damals wurde entschieden, dass die Kosten der Abfallentsorgung von den Verursachenden getragen werden sollten: statt ausschliesslich über Steuern sollten die Kosten von den Abfallverursachenden mitgetragen werden – so wurden flächendeckend Abfallgebühren eingeführt. Unmittelbare Reaktion: die Abfallmengen sanken um 30 Prozent, wie vom Bundesamt für Umwelt 2001 ermittelt wurde. Lenkungsmechanismen können sehr wohl funktionieren und müssen deshalb nicht unbedingt zu Marktverzerrungen führen – man findet in den Online-Archiven nichts zu Unternehmen, die wegen der Einführung dieser Gebühr den Standort Schweiz verlassen hätten. Die Kosten der Sanierung von alten Deponien, des Umgangs mit den bereits bestehenden Abfallbergen wurde der Allgemeinheit übertragen, was gleichbedeutend ist wie eine Finanzierung durch Steuern, getragen sowohl von Individuen wie von Unternehmen. Das hat weder die Wirtschaft zerstört noch Steuerzahlende aus der Schweiz vertrieben.

Mit der heutigen Belastung durch klimaschädliche Gase ist es wie damals mit den Abfallbergen: Alle Verursachenden, auch Unternehmen, tragen eine Verantwortung, ihren CO2-Ausstoss zu minimieren und auch zur Reduktion des globalen CO2-Abfallbergs beizutragen. Wie bei den Abfallbergen bestehen grosse «Deponien» in der Atmosphäre, die ebenfalls zurückgebaut werden müssen. Auch diese Massnahmen müssen finanziert werden, entweder durch ein Verursachenden-Prinzip oder über Steuern finanzierte Interventionen der Gesellschaften.

Beispiel: Eine klimafreundliche Pizzeria

Nehmen wir eine Pizzeria als Beispiel. Die Inhaberin möchte den Betrieb klimaschonend gestalten. Vollständig CO2-neutral kann sie nur werden, wenn sie den Betrieb einstellt, was nicht praktikabel ist. So analysiert sie ihre Prozesse und optimiert sie hinsichtlich des CO2-Ausstosses. Die für beinahe alle direkt Beteiligten klare Reihenfolge der zielführenden Interventionen lautet: erstens Vermeidung von Ausstoss, zweitens Reduktion des nicht vermeidbaren Ausstosses und drittens Kompensation des weder vermeid- noch reduzierbaren Ausstosses. Für die wesentlichen Prozesse der Pizzabäckerin bedeutet dies:

  • Kochen und Backen: Nutzung energieeffizienter Geräte.
  • Transport: Einsatz von Elektrofahrzeugen für den Lieferdienst.
  • Wareneinkauf: Auswahl von Lieferanten mit nachhaltigen Praktiken.
  • Heizung und Lüftung: Optimierung der Energieeffizienz.
  • Beleuchtung: Nutzung von LED-Technologie und Bewegungsmeldern.

Langfristige Perspektive und Lösungen

Trotz aller Optimierungen wird die Pizzeria immer noch CO2 ausstossen. Diese Restemissionen müssen ausgeglichen werden. Zum heutigen Zeitpunkt gibt es hier die Möglichkeit, dies mit CO2-Zertifikaten oder mittels Finanzierung von Projekten, die CO2-Ausstoss verhindern oder reduzieren, zu erreichen. Diese Projekte müssen selbstverständlich transparent und nachprüfbar sein: es muss öffentlich einsehbar und von allen nachvollziehbar gezeigt werden, welche Wirkung diese Projekte auf den CO2-Ausstoss haben.

Die Massnahmen zur Reduktion und Kompensation von CO2-Emissionen verursachen Mehrkosten, die sich in höheren Preisen niederschlagen müssen. Das würde der Unternehmerin natürlich einen Wettbewerbsnachteil verschaffen, der kompensiert werden müsste: Sie muss Zugang zu Kapital erhalten, das auch reflektiert, dass sie diese Investitionen und Ausgaben mit der Wirkung auf den Gesamtausstoss an CO2 getätigt hat. Idealerweise würde sich ein Kreditinstitut finden, das «sustainable finance» so auslegt, dass sie quasi einen Transfer von nicht-klimaschonenden Aktivitäten zu klimaschonenden Investitionen macht und ihr die notwendige Unternehmensfinanzierung günstiger anbietet als ihren Konkurrenten, die die Mehrkosten noch nicht auf sich nehmen. Alternativ kann auch der Staat einen Teil der eingenommenen CO2-Lenkungsabgabe genau solchen Unternehmen zurückerstatten, die dafür gesorgt haben, dass sich der Ausstoss senkt. Da in der Realität heute schon alles messbar ist, was hierzu erforderlich ist, kann auch eine Finanzierung recht einfach kalkuliert und transparent ausgewiesen werden.

Fazit: Ein einfacher und marktwirtschaftlicher Ansatz

Das Verursachungsprinzip hat sich beim Abfall bewährt und sollte auch beim CO2-Ausstoss Anwendung finden. Durch Vermeidungs- und Reduktionsstrategien sowie Kompensationen können Unternehmen und Individuen ihren Beitrag leisten, den CO2-Abfallberg nicht weiter anwachsen zu lassen oder gar zu verringern.

P.S.: Wenn die Pizzeria die Preise anhebt, generiert sie höhere Mehrwertsteuern, von denen der Bund profitiert. Diese zusätzlichen Einnahmen könnten in CO2-reduzierende Projekte investiert werden, was den Gesamteffekt verstärken würde.

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