Reisebericht Madagaskar 22. Oktober bis 13 November 2022
von Doris Ruckstuhl

Im Herbst 1998 war ich für drei Monate in Madagaskar. Kurz darauf habe ich Regula Ochsner kennengelernt und von ihr über ihre Absicht erfahren, mit Solarkochern der Waldrodung entgegenzuwirken. Nach 24 Jahren nun hatte ich die Gelegenheit, wieder nach Madagaskar zu reisen. Diesmal unter Reiseleitung von Regula. Welch ein Erlebnis!

Regula und die Reiseagentur Le Voyageur haben ein dichtes Programm für unsere dreiwöchige Reise zusammengestellt, welches Besuche bei ADES und weiteren Umweltprojekten, Spitälern und Schulen umfasst und gleichzeitig die Gelegenheit bietet, Sehenswürdigkeiten, Land und Leben zu erleben. Wir erhalten so Einblick in die Schönheit Madagaskars, aber auch in die Armut und die vielen Schwierigkeiten, in welchen das Land steckt.

Bereits die Anreise ist ein Ereignis: mit einem veritablen Arsenal an Koffern reisen wir nach Antananarivo (kurz Tana), mit viel Material für Spitäler oder Privatpersonen.

Die ersten zwei Wochen führen uns in den Südwesten. Auf dem Weg von Tana nach Tuléar besuchen wir diverse ADES Werkstätten und bekommen Einblick in die Produktion von Solarkochboxen, Energiesparkochern und Parabol-Solarkochern. Bei gemeinsamen Essen mit der gesamten Belegschaft gibt es einen angeregten Austausch. Eindrücklich ist auch der Ausflug in ein neu aufgeforstetes Waldstück, ein Partnerprojekt von ADES und Vozama. Weiter besuchen wir eine Teeplantage, ein Weingut und Baumschulen. Bemerkenswert ist auch das Projekt eines madagassischen Wissenschaftlers und Bauern, der erfolgreich Mischkultur erprobt und ätherische Öle gewinnt. Er begleitet auch ein Kartoffelprojekt von Frauen. Der Kartoffelanbau soll dem grossen Wasserbedarf von Reisfeldern entgegenwirken.

Die Schulen sind noch immer so wie die Bilder auf alten Missionskalendern: einfachste Räume mit einer Wandtafel und einer Schar Kindern in meist blauen Blusen, dicht in Holzbänke gedrängt. Die gegenseitige Neugier und Offenheit lassen solche Schulbesuche immer wieder zu fröhlichen Begegnungen werden.

Zwischen den Ortschaften liegen meist lange einsame Landschaften, die mit ihrer roten Erde, den terrassierten Reisfeldern und kargen Bergen in vereinter Schönheit erstrahlen. Gleichzeitig schmerzt der Anblick der häufigen Buschfeuer. Unterwegs verbringen wir immer wieder Tage in Nationalparks, wandern durch Wälder, beobachten verschiedene Lemuren wie die bekannten Kattas, Varis, Indris und Sifakas aber auch Chamäleons in verschiedenen Grössen und Farben. Stetige Begleiter sind auch die grünen Geckos.

In den Städten und Dörfern herrscht emsiges Treiben. Das Leben findet auf der Strasse statt und ist bunt. Hier wird verkauft und transportiert – auf Velos und Pousse-Pousses, auf kaum fahrtauglichen Autos, Bussen und Lastwagen oder ganz einfach auf dem Kopf.

Von Tuléar fliegen wir zurück nach Tana und zwei Tage später in den Norden nach Maroantsetra. Zu  unserem Hotel am Rand des Masoala Regenwalds führt nur der Wasserweg – das bedeutet eine zweistündige abenteuerliche Fahrt übers Meer in zwei kleinen Booten. Drei Tage verbringen wir in der Ecolodge. Unsere Bungalows sind sehr einfach, in Urwaldromantik. Strom gibt es für drei Stunden pro Tag, WLAN gar nicht – und das ohne von «Strommangellage» zu sprechen. All unsere Hotels während der ganzen Reise sind gut gewählt, manche einfach traumhaft.

Nach drei Tagen in Masoala geht es zurück nach Tana und mit unseren Chauffeuren noch drei Tage ostwärts nach Andasibe in den Naturpark. Hier sehen wir vor allem Indris. Eindrücklich, mit welcher Lautstärke diese Lemuren über weite Distanzen kommunizieren. Eine besondere Erinnerung löst bei mir der Anblick des Bahnhofs in Andasibe aus – hier habe ich doch vor 24 Jahren einen ganzen Tag lang vergeblich auf den Zug gewartet!

Es scheint, dass Madagaskar sich in den 24 Jahren kaum verändert hat. Die Armut ist nicht kleiner, noch immer werden Buschfeuer gelegt um «Land zu gewinnen» oder um zu protestieren. Die Strassen sind noch immer eine Herausforderung für alle Fahrzeuge. Glücklicherweise haben wir tolle vorsichtige Chauffeure, die uns auch immer wieder Informationen über die Gegend, Geschichte und Menschen geben. Und auch zu Distanzen: Auf die Frage, wie weit es noch sei erhalten wir die Antwort, dass die Madagassen nicht mit km messen, sondern mit Zeit. Die Fahrt dauert noch ca. eine Reiskochzeit – das entspricht ca. 40 Min und reicht im Schnitt gerade mal für 20 km.

Madagaskar hat mich einmal mehr beeindruckt: die trotz ihrer Armut aufrechten, stolzen und fröhlichen Menschen, die faszinierende Tierwelt und Landschaft… Wir haben viel gelacht und auch sehr viel diskutiert, über unsere Wahrnehmung Madagaskars, über seine Entwicklung, über Politik und Korruption, über Ausbeutung und Umweltschutz, über Rodung und Erosion, über Bildung, die Zukunft der nächsten Generationen…

Tourismus mag oft zweischneidig sein. Aber gerade im Masoala Urwald haben wir erfahren, dass Tourismus nicht nur Einkommensmöglichkeit, sondern auch Schutz bietet. Während der Coronazeit wurden illegal so viel Edelhölzer geschlagen wie schon lange nicht mehr.

Das war eine sehr eindrückliche Reise. Ich darf wohl im Namen der gesamten Gruppe Regula ein herzliches Dankeschön aussprechen, dass sie uns diese vielfältigen Eindrücke ermöglicht hat.

Die Bilder, die Gefühle, die Düfte… sind tief eingebrannt, die Sorge und Liebe zu Madagaskar sind wieder neu gestärkt, die Verbundenheit mit dem Land bleibt.

Beeindruckt vom Reisebericht? Für die Zeit vom Oktober bis November 2024 plant Regula Ochsner eine neue Reise. Für mehr Informationen und Voranmeldungen melden Sie sich bei [regula.ochsner@bluewin.ch].

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